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Morkerkestraße 17 - Heinrich van Loo

In der Morkerkestraße 17 wohnte Heinrich van Loo. Foto Susanne Schledt 2009
In der Morkerkestraße 17  wohnte Heinrich van Loo. Foto Susanne Schledt 2009

Heinrich Wilhelm van Loo wurde am 14.11.1883 in Berlin geboren. Gemeinsam mit seiner Frau Rosalie Elisa Frieda, am 16.05.1885  in Berlin geborene Liedtke, zog er am 1. März 1921 von Schwerin nach Lübeck in die Burgstraße. Heinrich van Loo war von Beruf Schankwirt bzw. Kellner. Seit dem 12. März 1921 betrieb er die Juno-Bar in der Schmiedstraße 4/6 schräg gegenüber von der heutigen Schwimmhalle. Am 28.Oktober desselben Jahres zog das Ehepaar van Loo hier in die Morkerkestraße 17 in den 3. Stock. Rosalie van Loo verstarb am 12. Juli 1927.

In der Schmiedestraße 4/6 betrieb Heinrich van Loo die Juno-Bar. Foto Susanne Schledt 2009
In der Schmiedestraße 4/6 betrieb Heinrich van Loo die Juno-Bar. Foto Susanne Schledt 2009

Vor 1933 gab es die Hetze einzelner durch völkische Propaganda gegen die Glaubensgemeinschaft der Bibelforscher.
Nach Beginn der NS-Herrschaft wurde sie zur offiziellen Propaganda des neuen Regimes.
Zunächst versuchte die Leitung der Bibelforscher durch Betonung des rein religiösen und  unpolitischen Charakters ihrer Organisation sowie durch Loyalitätserklärungen gegenüber Staat und Regierung Anfeindungen zu begegnen.
           

Am 24.06.1933 wurde der IBV(Internationale Bibelforscher-Vereinigung) verboten. Die Auflösung der IBV wurde am 13.September 1934 auf das ganze Reich ausgedehnt.

Gründe für das Verbot:

Die Erwartung des endzeitlichen tausendjährigen Reiches interpretierte das Regime als Umsturzabsicht im angeblich religiösen Gewand. Demzufolge wurde der missionarische Eifer der Zeugen Jehovas für staatsgefährdend erachtet. Intensive Werbe- und Verkündigungstätigkeit sowie die Verweigerungshaltung der Bibelforschrer in der Öffentlichkeit waren der entscheidende Anlass für das IBV-Verbot. Mit Verweigerungshaltung ist die Haltung gemeint, die die Zeugen Jehovas Angelegenheiten entgegen brachten, die nicht mit den biblischen Geboten zu vereinbaren waren, als da waren:

  1. Wehrdienstverweigerung
  2. Ablehnung der Beteiligung am Luftschutz
  3. Verweigerung der Wahlbeteiligung
  4. Verweigerung NS-Formationen beizutreten
  5. Ablehnung des Eids auf den “Führer”
  6. Verweigerung des deutschen Grußes
  7. Ablehnung der Nürnberger Gesetze

Die Nürnberger Gesetze, auch Nürnberger Rassegesetze genannt, wurden am 15. September 1935 vom Reichstag angenommen.
Anlass war der 7. Reichsparteitag der NSDAP. Der Reichstag war zur Verabschiedung nach Nürnberg einberufen worden.

Die Nürnberger Gesetze beinhalteten das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre und das Reichsbürgergesetz. Hiermit wurde die juristische Grundlage für die Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung geschaffen.

1935 wurde Heinrich von Loo zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. In seiner Funktion als Gruppendiener bereiste Heinrich van Loo Lübeck und Umgebung und leistete u.a. Koordinierungsarbeit zwischen Zellen, denen je 3 Zeugen Jehovas angehörten.

Im Dezember 1936 beteiligte er sich an der Verteilung des Flugblattes “Resolution” und im Juni 1937 an der Verteilung des Flugblattes “Offener Brief”. Während in der Resolultion vom IBV-Kongress zum defensiven Widerstand und zur Verweigerung, die Verfolgung ihrer Anhänger zu unterstützen, aufforderte, ging der “Offene Brief”wesentlich deutlicher auf die Verfolgung der Zeugen Jehovas durch das Regime ein. Die Verteilung der Flugblätter und die Ankündigung der Verweigerung des Fahneneides waren die Hauptanklagepunkte gegen Heinrich van Loo.

Über die Festnahme Heinrich van Loos berichtet die Lübecker Dienststelle der Gestapo am 4.10.1937:
,, “Auf Anordnung der Staatspolizei Kiel (Schnellbrief v[om] 2.10.37 [...] wurde der Kellner Heinrich L..., geb[oren] am 14.11.83 in Berlin, Bibelforscher, wohnhaft hier, Morkerkestr[aße]..., wegen Verdachts der illegalen Betätigung für die verbotene IBV. um 14,15 Uhr in Schutzhaft genommen. Um 10,00 Uhr begaben sich der Krim[inal] Oberassistent L..., Krim[inal] Ass[istent] T... und Unterzeichneter in die Wohnung des Kellners L... Er wurde im Bett liegend angetroffen. In der Wohnung war noch anwesend die Verlobte des L..., Fr[äu]l[ein] Karoline D..., geb[oren] am 12.6.1905 in Gr[oß] Sarau, ebenfalls Morkerkerstr[aße]... wohnhaft. Die D... ist der Staatspolizei auch als Bibelforscherin bekannt. Nachdem L... sich angekleidet hatte, wurde in seinem und der D... Beisein die Wohnung gründlich durchsucht. Es wurden gefunden und sichergestellt: 3 Monatsbeilagen vom ,Wachturm' – Informator – vom Januar, März und April 1937, 1 Zeitschrift ,Das goldene Zeitalter' vom 15. Januar 1937. Sämtliche Zeitschriften sind in Bern herausgegeben. Mehrere Notizbücher und gefertigte Schreiben des L... Außerdem wurden RM 260,- vorgefunden und vorläufig sichergestellt, weil die Möglichkeit besteht, daß es sich um illegale Gelder der IBV. Handelt. Der Kellner L... wurde um 14,15 Uhr dem Marstallgefängnis zugeführt.” '' (Bericht des Grenzpolizeikommissariats Lübeck vom 4.10.1937, LAS Abt. 358 Nr.875, Zitat aus Elke Imberger: Widerstand ,,von unten''...S. 348.

Am  25. Februar 1938 hat das Sondergericht Kiel in Lübeck Heinrich van Loo zu  2 Jahren und 8 Monaten Gefängnis verurteilt.
Vermutlich war Heinrich van Loo zeitweise im Gefängnis Bützow-Dreibergen inhaftiert.
Am 09. Juli 1940 wird Heinrich van Loo ins Konzentrationslager Sachsenhausen überbracht. Er wird unter der Häftlingsnummer 027092 geführt und dem Häftlingsblock 34 zugewiesen.13 Tage später am 22. Juli 1940 ist Heinrich van Loo tot.
Tagsdrauf wird sein Körper eingeäschert. Heinrich van Loos Asche wird am 17.12.1940 im Sammelgrab auf dem Friedhof Altglienicke in Berlin beigesetzt.

Quellen:

  • Adressbücher und Meldekartei der Hansestadt Lübeck
  • Garbe, Detlef: Zwischen Widerstand und Matrtyrium. Die Zeugen Jehovas im "Dritten Reich". Studien zur Zeitgeschichte Bd. 42.4. Auflage. München Oldenbourg Verlag 1999.
  • Imberger, Elke: Widerstand "von unten". Widerstand und Dissens aus den Reihen der Arbeiterbewegung und der Zeugen Jehovas in Lübeck und Schleswig-Holstein 1933-1945. Neumünster Karl Wachholtz Verlag 1991. S. 255.
  • Mitgutsch, Andreas / Schiffer, Jochen: Zeugen Jehovas in Lübeck und Umgebung 1933-1945. Lübeck 2000. S.35.
  • Wörmann, Heinrich-Wilhelm: Widerstand in Köpenick und Treptow. Bd. 9 der Schriftenreihe über den Widerstand in Berlin 1933 - 1945. Berlin: Gedenkstätte deutscher Widerstand (Hrsg.) 1995. S.259, S.261.

Susanne Schledt  2009